Erster Mai 2004
Berlin
Mariannenplatz in Kreuzberg
15 Jahre war ich alt.
In der linken Hand ein Joint.
In der rechten Hand eine Flasche.
Am nächsten Tag drückte mir meine Mutter den Zeitungsartikel mit dem Foto von mir in die Hand.
„Hier, der Tagesspiegel. Es geht um die Krawalle, das interessiert dich doch.“
Sie hatte mich nicht erkannt.
„Mach kaputt, was Dich kaputt macht.“
Parolen grölend und randalierend sind wir vermummt durch Kreuzberg gezogen.
Blutverschmiert, bekifft und betrunken in den Morgenstunden nach Hause gekommen.
Stolz über die Narben, die wir im Kampf gegen das „Schweinesystem“ davon tragen werden.
So vieles hat sich verändert und so vieles ist geblieben.
Ich bin immer noch hier mit der gleichen Radikalität.
Mit der gleichen Intensität.
Mit der gleichen Wucht.
Ich bin wieder dabei, Grenzen zu sprengen.
Den Mund aufzumachen.
Meine Wahrheiten zu sprechen.
Ich bin schon viele Menschen geworden, um zu wissen, wer ich bin.
Ich werde noch viele weitere Menschen finden, um noch mehr zu wissen, wer ich bin.
So viele Menschen machen ihre Außenwelt verantwortlich für die Erfahrungen in ihrem Leben.
Manche Menschen bis zum Ende ihres Lebens.
Ich selbst habe es genug getan.
Ich bin es satt.
Ich habe eine andere Entscheidung getroffen.
Wir können uns in jedem Moment immer unterdrückt, entmachtet und als Opfer fühlen.
Wir können uns in jedem Moment immer ermächtigt, frei und aufgerichtet fühlen.
Im Kleinen wie im Großen.
Es ist eine Wahl.
Eine Wahl, die eigentlich keine Wahl ist, weil sie schon längst getroffen ist.
Eine Wahl, die eigentlich keine Wahl ist, weil es nichts zu wählen gibt.
Wir sind immer vollständig selbstmächtigt.
Wir sind immer vollständig aufgerichtet.
In jedem Moment.
Die Frage ist, ob wir uns dessen bewusst sind oder nicht.
Wie radikal sind wir bereit, uns unsere Aufrichtung zu erlauben?
Wie viel Intensität darf es sein?
Wie viel Wucht darf es sein?
ES
IST
IMMER
ALLES
JETZT
ÜBERALL
Und es geht um nicht weniger als um unsere WÜRDE.
Niemand kann uns entwürdigen.
Wir können es nur selbst tun.
Wir tun es in jedem Moment, in dem wir unsere Verantwortung nicht übernehmen.
In dem wir die Verantwortung an unsere Außenwelt abgeben.
Es ist nicht schlimm.
Es ist immer alles richtig.
Und gleichzeitig geht es auch nicht um richtig oder falsch.
Das gibt es nicht.
Es geht um das bewusst werden. Es geht um das Beobachten. Es geht um die Weichheit.
Es geht um das Bewusstsein.
Jede Erfahrung ist dienlich, damit wir uns erkennen können.
Wirklich JEDE Erfahrung.
Vor allem auch die Erfahrungen, in denen wir im Außen eine vermeintliche Entmächtigung, eine Kränkung oder eine Entwürdigung erleben. Die Momente, in denen es in uns eng wird. Die Momente, wo wir hart werden.
Das sind genau die Momente, in welchen wir uns unserer Wahl wieder bewusst werden können.
Das sind die Momente, in denen sich die alten Patterns, die alten Muster, die alten Glaubenssätze entladen dürfen.
Das ist der Moment, wo der Krieg aufhört.
Das ist der Moment, an dem der Friede beginnt.
Das ist der Moment der Befreiung.
Es ist Zeit mit dem Frieden zu beginnen.
Es ist Zeit, dass wir uns entfesseln.
Auf allen Ebenen.
Für mich ist es Zeit meiner Außenwelt, meinen Dank auszusprechen.
Danke, dass meine Verantwortung für mich getragen wurde.
Ich wähle sie nun selbst zu übernehmen.
Ich wähle Mich.
Ich bin der Schöpfer meiner Wirklichkeit und bereit, jede Erfahrung zu machen.
Und das Wesen meiner Wirklichkeit trägt einen Namen.
LIEBE
Wanja