Grundlagen zur Regulation des Nervensystems
Unser Nervensystem ist ein hochkomplexes, fein abgestimmtes Kommunikationsnetzwerk. Im Zentrum steht das zentrale Nervensystem, bestehend aus Gehirn und Rückenmark – die zentrale Steuereinheit unseres Körpers. Von hier aus läuft der Austausch mit dem peripheren Nervensystem, das sämtliche äußeren Bereiche wie Muskeln, Sinnesorgane, Haut und innere Organe erreicht.


Das periphere Nervensystem wiederum gliedert sich in zwei Hauptbereiche: das somatische Nervensystem, das wir willentlich und bewusst steuern – etwa beim Gehen, Sprechen oder Greifen – und das vegetative (auch autonome) Nervensystem, das unbewusst und automatisch abläuft. Letzteres ist für viele überlebenswichtige Körperfunktionen verantwortlich: unsere Verdauung, den Herzschlag, die Atmung, den Blutdruck und vieles mehr.
Zwei zentrale Akteure innerhalb des vegetativen Nervensystems sind der Sympathikus – bekannt für seine Aktivierung in Stresssituationen (Fight or Flight) – und der Parasympathikus, der für Ruhe, Regeneration und Verdauung zuständig ist (Rest and Digest). Dieses fein balancierte Zusammenspiel bestimmt, wie wir auf unsere Umwelt reagieren, ob wir in Alarmbereitschaft oder in Entspannung sind.
Und obwohl wir auf die meisten dieser Prozesse keinen direkten Einfluss haben, gibt es einen entscheidenden Hebel: unser Atem. Er ist die einzige autonome Funktion, die wir bewusst beeinflussen können – und damit ein kraftvolles Werkzeug, um unser Nervensystem gezielt zu regulieren.
Wer beginnt, dieses System zu verstehen, gewinnt einen neuen Zugang zur eigenen Selbstwirksamkeit. Es lohnt sich, hinzuschauen, zu lernen und auszuprobieren – denn Wissen über das Nervensystem ist nicht nur Theorie. Es ist angewandte Praxis für mehr Balance, Gesundheit und Lebensqualität.

Regulation des Nervensystems mit Breathwork – Unterschiedliche Arten der Atmung helfen
Die Atmung ist unser direkter Zugang zum autonomen Nervensystem – und damit ein kraftvolles Werkzeug zur Selbstregulation. Sie funktioniert sowohl automatisch als auch willentlich, was sie zu einem einzigartigen Hebel im Nervensystem macht. Doch wie genau können wir durch die Atmung Einfluss nehmen?
Ein erster Aspekt ist der Atemweg:
Die Atmung durch die Nase fördert eine tiefere, ruhigere Bauchatmung und aktiviert tendenziell den Parasympathikus – also den entspannenden Anteil unseres Nervensystems.
Die Mundatmung dagegen ist oft flacher und schneller, sie verlagert sich eher in den Brustraum und geht mit einer sympathischen Aktivierung einher – also mehr Energie, Wachheit, aber auch potenziell mehr Stress.


Ein weiterer Schlüssel liegt im Fokus:
Wohin lenkst du deine Aufmerksamkeit beim Atmen? In den Bauch, die Brust, die Flanken, die Schultern? Jede dieser Zonen hat eine andere Qualität, eine andere Wirkung auf dein System – allein durch das bewusste Wahrnehmen entsteht bereits Veränderung.
Auch die Geschwindigkeit und die Tiefe deiner Atmung beeinflussen, wie dein Nervensystem reagiert:
Langsame, tiefe Atemzüge signalisieren Sicherheit und Ruhe. Schnelle, flache Atmung hingegen kann Alarmbereitschaft verstärken. Ebenso wirken sogenannte Breath Holds – also Atempausen nach dem Ein- oder Ausatmen – stark regulierend, wenn sie bewusst eingesetzt werden.
All das sind Werkzeuge, keine Regeln. Jeder Mensch, jedes Nervensystem reagiert unterschiedlich. Entscheidend ist nicht das „richtige“ Protokoll, sondern dein eigenes Erleben: Was bewirkt der Atem in dir? Was verändert sich, wenn du ihn bewusst lenkst?
Atemarbeit ist keine Technik. Sie ist eine Praxis der Selbstwahrnehmung – und damit der erste Schritt in Richtung echter Selbstregulation.


Regulation des Nervensystems – die drei Grundzustände: Coffee, Water & Whisky
Im Wesentlichen gibt es drei Grundzustände, in denen sich unser autonomes Nervensystem bewegen kann – und wir können lernen, sie zu erkennen und gezielt zu beeinflussen. Ein hilfreiches Bild zur Unterscheidung sind die Metaphern Coffee, Water und Whisky:
„Coffee“ steht für einen schnellen, intensiven Zustand – hohe Aktivierung, vielleicht Stress, Reizbarkeit oder auch produktive Energie.
„Water“ symbolisiert Balance: ein ausgeglichener, gesunder Zustand, in dem wir klar denken, gut handeln und präsent bleiben können.
„Whisky“ beschreibt den langsamen, heruntergefahrenen Zustand – Rückzug, Erschöpfung, vielleicht sogar Erstarrung oder emotionale Taubheit.
Diese Zustände sind keine „Fehler“ unseres Systems, sondern evolutionär sinnvolle Reaktionen auf unsere Umwelt. Entscheidend ist: Wir sind ihnen nicht ausgeliefert. Durch gezielte Regulation – über Atem, Bewegung, bewusste Wahrnehmung und Selbstreflexion – können wir Einfluss darauf nehmen, wie unser System reagiert.
Was wir verändern können, ist nicht die Welt „da draußen“, sondern unsere innere Haltung zu dem, was geschieht. Und genau darin liegt unsere größte Kraft: im bewussten Umgang mit dem, was unbewusst in uns abläuft.
Wer lernt, diese Zustände zu erkennen und zu navigieren, entwickelt echte Selbstwirksamkeit – und kann dem Leben mit mehr Klarheit, Gelassenheit und Energie begegnen.

Atmen im „Water“-Modus: Rhythmus, Regulation, Ruhe
Eine ausgeglichene, gesunde Atmung – der sogenannte „Water“-Zustand – ist gekennzeichnet durch einen harmonischen Rhythmus. Ein- und Ausatmung stehen in einem gleichmäßigen Verhältnis zueinander, der Atem fließt ruhig, ohne Hast und ohne Zwang. Idealerweise bewegen wir uns hier in einem natürlichen Atemmuster von etwa 3:3 bis 6:6 – das heißt: drei bis sechs Einheiten Einatmung, gefolgt von ebenso vielen Einheiten Ausatmung.
Ein bewährtes Grundmuster ist das sogenannte 3-3-2: drei Einheiten Einatmung, drei Einheiten Ausatmung und zwei Einheiten Pause nach dem Ausatmen. Diese kleine, bewusste Atempause ist mehr als nur eine technische Feinheit – sie ist ein Spiegel unseres inneren Zustands. Fehlt sie, ist das häufig ein Zeichen dafür, dass wir auch im Leben keine Pause mehr zulassen: kein Innehalten, kein Regenerieren, kein Durchatmen.
Genau hier zeigt sich, wie eng die Atmung mit unserem Lebensrhythmus verknüpft ist. Ist der Atem aus dem Takt, ist oft auch der Alltag aus dem Gleichgewicht. Denn der Atem ist der Rhythmus des Lebens. Er beeinflusst, wie wir Energie aufnehmen, wie wir loslassen – und ob wir überhaupt Raum lassen für Stille zwischen den Impulsen.

Indem wir diesen natürlichen Atemfluss wiederherstellen, kehren wir zurück zu einer inneren Ordnung. Wir regulieren nicht nur das Nervensystem, sondern auch unsere Beziehung zu Zeit, Leistung und Ruhe.
Der erste Schritt? Einfach beobachten. Spürst du die Pause – oder atmest du schon ins nächste hinein, bevor das letzte ganz zu Ende war?
Der Coffee-Modus: Physiologie der kontrollierten Hyperventilation
Im aktivierten Zustand – dem sogenannten „Coffee“-Modus – dominiert der Sympathikus, der Teil unseres autonomen Nervensystems, der auf Leistung, Fokus und Kampf-Flucht-Reaktionen ausgerichtet ist. Eine bewusste Aktivierung dieses Systems ist durch eine gezielte Atemtechnik möglich: tiefe, schnelle Atmung, meist durch den Mund in den Brustraum, wobei die Einatmung länger ist als die Ausatmung. Diese Form der bewussten Superventilation (auch als kontrollierte Hyperventilation bekannt) nutzt die Atmung als Hebel zur Veränderung des physiologischen Zustands.
Je schneller und tiefer wir atmen, desto mehr Alveolen – die kleinen Lungenbläschen – werden belüftet. Dadurch wird in kurzer Zeit sehr viel CO₂ abgeatmet, während der Sauerstoffgehalt im Blut nahezu unverändert bleibt. Medizinisch spricht man hier von einer Hypokapnie – einem erniedrigten Kohlendioxidgehalt im Blut.


Das führt zu einer Kaskade physiologischer Effekte: Der Körper erkennt, dass kein zusätzlicher Sauerstoff benötigt wird und verengt lokal Blutgefäße, um die Durchblutung gezielter zu regulieren. Der pH-Wert des Blutes steigt, es wird basischer, da weniger Kohlensäure vorhanden ist. In Folge bindet sich vermehrt Calcium an Eiweiße, was dazu führt, dass es nicht mehr in gewohnter Menge für die Muskulatur verfügbar ist – eine mögliche Ursache für das Auftreten von lokalen Muskelverkrampfungen oder Tetanie.
Auch der Sauerstofftransport in die Zellen verändert sich: Obwohl das Blut gut gesättigt ist (und damit „gesund rot“ erscheint), wird weniger O₂ an die Mitochondrien abgegeben – denn die Ablösung von Sauerstoff aus dem Hämoglobin ist CO₂-abhängig. Ohne ausreichend CO₂ bleibt der Sauerstoff stärker gebunden – eine Situation, die als intermittierende Hypoxie bezeichnet wird: Sauerstoffmangel auf zellulärer Ebene trotz objektiver Sauerstofffülle.
Diese physiologischen Veränderungen beeinflussen auch das Gehirn. Kontrollinstanzen des Alltagsbewusstseins können in diesem Zustand kurzzeitig in den Hintergrund treten. Es öffnen sich Zugänge zu tieferen Schichten des Erlebens: Emotionen, innere Bilder und verdrängte Inhalte können plötzlich präsent werden – besonders in einem unterstützenden Set & Setting.
In solchen Zuständen kommt es zur verstärkten Ausschüttung von Neurotransmittern wie Serotonin und Oxytocin – Botenstoffe, die mit Wohlgefühl, Verbundenheit und emotionaler Verarbeitung in Zusammenhang stehen. In sehr intensiven Atemsitzungen kann es sogar zu einer Ausschüttung von DMT kommen – einer körpereigenen Substanz, die mit tiefen, oft transzendenten Zuständen assoziiert wird. Wahrnehmbare Muster, das Gefühl der Ich-Auflösung oder Zustände von All-Eins-Sein sind dabei keine Seltenheit.
Dieser Zustand ist kraftvoll – und nicht zu unterschätzen. Er kann bewusst genutzt werden, um das Nervensystem zu stimulieren, emotionale Blockaden zu lösen oder in tiefere Schichten der Selbsterfahrung vorzudringen. Voraussetzung: ein sicherer Rahmen, fachkundiger Begleitung und die Bereitschaft, dem zu begegnen, was sich zeigen will.


Der Whisky-Zustand: Parasympathische Aktivierung für Regeneration und Integration
Der Wechsel in den „Whisky“-Zustand – also in die Ruhe, in die Erdung, in die Regeneration – gelingt über eine bewusste Aktivierung des Parasympathikus. Der einfachste und zugleich wirkungsvollste Weg dorthin: langsam, ruhig und tief durch die Nase in den Bauch atmen, dabei die Ausatmung länger gestalten als die Einatmung.
Dieses Atemmuster signalisiert dem autonomen Nervensystem: „Du bist sicher.“ Der Körper schaltet vom Tun ins Sein. Muskelspannung nimmt ab, die Herzfrequenz sinkt, der Blutdruck reguliert sich – und das System beginnt zu verarbeiten.
Spannung kann sich lösen, emotional wie körperlich. Der Organismus bekommt die Möglichkeit, Erlebtes zu verdauen – im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Was vorher festgehalten wurde, darf sich transformieren: Eindrücke, die im Nervensystem gespeichert waren, können sich entladen, neue Perspektiven dürfen entstehen.
Dieser Zustand ist essenziell für unsere Regeneration, Heilung und Integration. Erst wenn das System in Sicherheit ist, beginnt echte Verarbeitung – nicht nur kognitiv, sondern auch somatisch. Es ist der Moment, in dem wir nicht funktionieren müssen, sondern loslassen dürfen.
Je länger wir in diesem Zustand verweilen, desto stärker wird die Resilienz des Nervensystems – die Fähigkeit, sich nach Aktivierung wieder in die Ruhe zurückzuführen. Und genau hier beginnt langfristige Regulation.

Bewusste Atempausen – Breath- Holds
Ein besonders wirkungsvoller Bestandteil der Atempraxis sind die Breath-Holds – das bewusste Anhalten des Atems nach der Ein- oder Ausatmung. Sie sind mehr als nur Technik: Sie sind eine Einladung, mit den Grenzbereichen unseres Nervensystems in Kontakt zu kommen – und sie gezielt zu erweitern.
Die Atempause nach vollständiger Einatmung – auch Full Inhale Suspension Hold – wirkt auf körperlicher Ebene wie ein Dehnungstraining für den Brustkorb und das Zwerchfell. Es entsteht ein innerer Druck, der uns in die Tiefe zwingt: Kann ich entspannen, obwohl alles in mir nach Kontrolle ruft? Wer hier loslassen lernt, kultiviert innere Weite – physisch wie psychisch.
Nach dieser Phase folgt meist ein passives Ausatmen – ohne Kontrolle, ohne Manipulation. Einfach fließen lassen. Eine kleine Geste – und doch eine große Übung in Hingabe.
Die Atempause nach maximalem Ausatmen, also bei vollständig leerer Lunge, ist von ganz anderer Qualität. Hier geht es ums Aushalten der Leere. Der Körper meldet frühzeitig ein vermeintliches „Alarmgefühl“ – denn der CO₂-Gehalt im Blut steigt, während Sauerstoff knapp wird. Genau hier setzt das Training der CO₂-Toleranz an. Es stärkt nicht nur die Atemmuskulatur, sondern schult die Fähigkeit, mit innerem Druck umzugehen, ohne sofort zu reagieren.

Diese Art von Atemarbeit ist ein Training für den Alltag: Wer lernt, in kontrollierten Situationen mit Spannung, Enge oder Leere umzugehen, baut Resilienz auf. Denn das Nervensystem unterscheidet nicht zwischen einer Atemübung und einer emotional fordernden Lebenssituation – es reagiert auf Muster. Und genau diese Muster können wir durch bewusste Praxis umschreiben.
Breath-Holds sind deshalb mehr als Atemtechnik. Sie sind ein Spiegel. Und gleichzeitig ein Werkzeug, um das eigene System bewusst zu formen – mit jeder Pause ein Stück mehr in Richtung innerer Freiheit.
Regulation des Nervensystems mit Breathwork – Was die Übungen bewirken
Alle diese Atemübungen – ob bewusste Atemrhythmen, Breath-Holds oder gezielte Zustandsveränderung – haben eines gemeinsam: Sie trainieren das Nervensystem, bewusster, anpassungsfähiger und durchlässiger zu werden. Im Zentrum steht dabei die CO₂-Toleranz – also die Fähigkeit, mit einem steigenden Kohlendioxidgehalt im Blut ruhig und gelassen zu bleiben. Eine höhere CO₂-Toleranz verbessert die Sauerstoffversorgung auf Zellebene, stärkt die Resilienz gegenüber innerem und äußerem Druck und fördert ein flexibleres Stressmanagement.
Gleichzeitig wird die Atmung selbst bewusster, gesünder und effizienter. Viele Menschen atmen zu flach, zu schnell oder dauerhaft überkompensiert – ein Zustand, der den Körper in subtiler Alarmbereitschaft hält. Durch gezielte Atempraxis kann sich das grundlegend verändern: Das Gehirn, die Zellen und die Muskulatur werden bis zu 30 % besser mit Sauerstoff versorgt, die Regeneration wird optimiert, der mentale Fokus geschärft.

Und auf psychischer Ebene entsteht etwas, das sich kaum in Zahlen fassen lässt, aber deutlich spürbar ist: mehr Beweglichkeit im Leben. Die Fähigkeit, schneller zwischen Zuständen zu wechseln. Situationen mit mehr innerer Klarheit zu begegnen. Durchlässiger zu werden – für Impulse, für Gefühle, für neue Perspektiven.
Die Atmung ist nicht nur ein physiologischer Prozess. Sie ist eine Brücke zwischen Körper, Geist und Emotion. Wer lernt, diese Brücke bewusst zu nutzen, gewinnt nicht nur Kontrolle – sondern vor allem Verbindung: zu sich selbst, zum Moment und zu einem Leben mit mehr Tiefe und Präsenz.
Ungesundes Atmen als Folge von chronischem Stress & Angst
Ungesunde Atemmuster sind oft keine bewusste Entscheidung – sie sind eine Folge chronischer innerer Zustände. Besonders anhaltender Stress, Angst oder innere Anspannung führen dazu, dass sich der Körper auf Dauer an eine flache, schnelle Atmung gewöhnt. Dieses Muster wird häufig als chronische Hyperventilation bezeichnet – ein Zustand, in dem zu viel CO₂ abgeatmet wird, obwohl eigentlich kein erhöhter Sauerstoffbedarf besteht.
Was dabei oft übersehen wird: Es ist nicht der Sauerstoffmangel, der uns schwächt – sondern der Mangel an Kohlendioxid. CO₂ ist nicht einfach nur ein Abfallprodukt, sondern ein zentraler Regulator im Körper. Ist der CO₂-Spiegel dauerhaft zu niedrig, gewöhnt sich der Körper an diesen Mangelzustand. Das Nervensystem reagiert dann bereits bei minimalem Anstieg von CO₂ – etwa durch Bewegung, Aufregung oder innere Spannung – mit Alarm. Der Körper gerät in Stress, obwohl objektiv keine Gefahr besteht.


Die Folge: Gefäße verengen sich, die Sauerstoffversorgung der Zellen verschlechtert sich, der Blutdruck steigt. Über längere Zeit können sich daraus ernsthafte gesundheitliche Folgen entwickeln – von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zu Asthma, Erschöpfung oder sogar Herzversagen.
Dieses Atemmuster ist erlernt – aber zum Glück auch verlernbar. Durch bewusste Atempraxis, gezieltes CO₂-Toleranztraining und den Aufbau von innerer Sicherheit kann der Körper Stück für Stück umlernen. Der Atem wird wieder zum Partner – nicht zum unbemerkten Saboteur.
Der erste Schritt? Hinspüren, beobachten, ehrlich sein. Denn nur was bewusst ist, kann verändert werden. Und jeder bewusste Atemzug ist ein Signal an dein System: Du darfst loslassen. Du darfst sicher sein.
Drei große Schlüssel in eine gesunde Atmung
Drei große Schlüssel führen zurück zu einer gesunden, regulierenden Atmung – und sie sind einfacher, als viele denken:


1. Bewusst atmen
Der erste Schritt ist immer das Bewusstsein. Viele atmen, ohne es wirklich zu merken – flach, schnell, unregelmäßig. Wer beginnt, den eigenen Atem wahrzunehmen und zu beobachten, schafft die Grundlage für Veränderung. Denn Atmung ist ein Spiegel: Sie zeigt, wie es uns wirklich geht – und sie gibt uns die Möglichkeit, gezielt Einfluss zu nehmen.
2. Mehr Fokus auf das Ausatmen
Die meisten Menschen schenken der Einatmung zu viel Aufmerksamkeit – dabei liegt die eigentliche Regulation im Ausatmen. Ein verlängertes, ruhiges Ausatmen aktiviert den Parasympathikus, also den Teil des Nervensystems, der für Entspannung, Regeneration und Verdauung zuständig ist. Es ist der natürliche „Brake-Modus“ unseres Systems – und je besser wir ihn nutzen, desto schneller finden wir in Balance zurück.
3. Nasenatmung
Die Atmung durch die Nase ist der natürliche, physiologisch gesündere Weg zu atmen – sowohl in Ruhe als auch in Bewegung. Die Nasenatmung bringt gleich mehrere Vorteile mit sich:
Die Luft wird vorgewärmt, gereinigt und angefeuchtet, bevor sie in die Lunge gelangt – das schützt die Atemwege. Zudem wird in den Nasennebenhöhlen Stickstoffmonoxid (NO) produziert – ein Molekül, das die Durchblutung fördert, antibakteriell wirkt und die Sauerstoffaufnahme in der Lunge verbessert.

Wer regelmäßig beim Sport durch die Nase atmet, trainiert nicht nur seine Ausdauer – sondern stärkt langfristig auch das eigene Nervensystem. Anfangs mag es fordernder sein, aber mit der Zeit wird das System effizienter, belastbarer und ruhiger – selbst in der Aktivierung.
Diese drei Schlüssel – Bewusstheit, Ausatmung und Nasenatmung – wirken wie ein Reset-Knopf für Körper und Geist. Sie bringen dich zurück zu deinem natürlichen Atem – und damit zu deinem natürlichen Rhythmus.
Zusammenfassung: Regulation des Nervensystems mit Breathwork
Unser Nervensystem ist das zentrale Steuerorgan für Reizverarbeitung, Stressreaktion und Regulation. Insbesondere das autonome Nervensystem – bestehend aus Sympathikus und Parasympathikus – bestimmt, ob wir in Aktivierung, Balance oder Rückzug sind. Was viele nicht wissen: Über die Atmung haben wir direkten, bewussten Einfluss auf diesen unbewussten Bereich.
Breathwork ist eines der effektivsten Werkzeuge zur Selbstregulation. Unterschiedliche Atemmuster – von ruhiger Nasenatmung bis hin zu bewusster Superventilation und Breath-Holds – wirken gezielt auf physiologische Prozesse, fördern CO₂-Toleranz, verbessern die Sauerstoffversorgung der Zellen und stärken die Resilienz des gesamten Systems. Atemarbeit ermöglicht dabei nicht nur körperliche, sondern auch emotionale und mentale Integration.
Zustände wie „Coffee“ (Aktivierung), „Water“ (Balance) und „Whisky“ (Rückzug) helfen dabei, die eigene Regulation differenziert zu verstehen – und über bewusste Atmung gezielt zu beeinflussen. So wird der Atem zum Spiegel und zur Brücke zwischen Körper, Geist und Emotion.

Gerade in einer Zeit chronischer Überforderung und stressbedingter Atemmuster wie Hyperventilation bietet die Atempraxis einen Weg zurück zur Selbstwahrnehmung, zur Klarheit und zur natürlichen inneren Ordnung.
Als Coaches bringen wir in all unseren Programmen, Ausbildungen und Kursen die Breathwork-Praxis gezielt und wirkungsvoll ein. Dabei greifen wir auf unsere langjährige Erfahrung als Breathwork-Facilitatoren und Atemtherapeuten zurück. Für uns ist der Atem nicht nur ein Werkzeug, sondern ein zentrales Element für nachhaltige Veränderung – körperlich, emotional und mental. Unsere Arbeit verbindet fundiertes Fachwissen mit tiefgehender Praxis – immer mit dem Ziel, Menschen in ihre Selbstwirksamkeit zu führen und das Nervensystem wieder in Balance zu bringen.
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