Vor ein paar Tagen buchte ich uns eine weitere Tour zum Tauchen mit Mantas und Walhaien.
Die meisten Menschen, die hier im Resort arbeiten, kommen aus Indien und strahlen eine unglaubliche Leichtigkeit, Herzlichkeit und Offenheit aus. Der Mensch, dem ich jetzt an der Tauchstation begegnete, war kein Inder, sondern ein Russe und von seiner Ausstrahlung verschlossen, distanziert und auch kühl. Und obwohl Sophie und ich uns schon vor Tagen auf eine Liste für genau diese Tour hatten eintragen lassen, wollte etwas in mir die Tour nun plötzlich nicht mehr buchen. Da ich aber nicht sicher war, ob sich die Gelegenheit noch an einem anderen Tag mit einem anderen Guide ergeben würde, blieb ich dort und versuchte in der unklaren Situation zu navigieren. Sophie war am Pool geblieben, ich musste alleine eine Entscheidung treffen.
Mein eigentliches Interesse an der Tour war nicht die Begegnung mit den Mantas, sondern die Begegnung mit den Walhaien. Mit Mantas hatten wir schon in Ägypten im Roten Meer bei unserem letzten Retreat sehr intensive Begegnungen gehabt. Mit Walhaien war weder Sophie noch ich jemals im Wasser gewesen. Die aktuelle Jahreszeit ist zwar nicht ideal, dennoch bestehen gute Chancen die Tiere an ausgewählten Spots auch jetzt anzutreffen.
Ich fragte den Guide, der offensichtlich schnell den Papierkram mit mir hinter sich bringen wollte, wie hoch nach seiner Erfahrung die Chance sei, dass wir den Walhaien begegnen würden und ob es möglich sei, die Tour genau darauf auszurichten. Doch anstatt meine Frage zu beantworten, sagte er kurz und knapp mit seinem harten Dialekt, dass wir einfach ganz viel hoffen und wünschen sollten.
Nun, das war nicht meine Frage gewesen.
Unsere Energiefelder umkreisten sich und ich probierte es anders:
„Wie sind die Wetterprognosen? Wird es geeignet und stabil bleiben?“
Anstatt meine Frage zu beantworten, antwortete er, es sei heute ja auch schön gewesen.
Er wollte, dass ich buche.
Meine innere Autorität wollte aber nicht buchen.
Ein anderer Teil von mir wollte jedoch die Chance auf eine Begegnung mit den Walhaien haben.
Ich buchte, verabredete uns für den nächsten Tag und ging.
Kurz darauf erzählte ich Sophie von der merkwürdigen und kühlen Begegnung. Trotz Unklarheit entschieden wir uns dennoch zu gehen und uns einfach zu öffnen, für das was kommen würde.
Am nächsten Morgen trafen wir am Hafen mit den anderen Teilnehmern und dem Guide zusammen. In kurzen abgehackten Sätzen erklärte der Guide den Ablauf des Tages. Es war bedeckt, das Boot kam zu spät und der Motor hatte auf der ganzen Tour immer wieder Aussetzer und technische Probleme. Die Energy der anderen Teilnehmer war bis auf ein paar Ausnahmen super low und schläfrig, keine echte Synergie, kein vollendetes Match.
Wir trafen am ersten Spot einen Manta und Sophie und ich hatten eine wundervolle Zeit mit ihm im Wasser. Er tauchte etwa eine Stunde mit uns auf etwa 10 Meter Tiefe und da alle anderen aus der Gruppe nicht freediven konnten, begegneten wir ihm dort am Grund ganz allein und mussten in den Scharen von ungeübten Schnorchlern immer nur einen geeigneten freien Fleck zum Auftauchen finden. Auf den Bildern sieht man nicht, dass sich dort an der Wasseroberfläche etwa 50 Menschen tummeln. Es störte uns nicht, wir öffneten uns einfach für das, was sich uns eröffnete.
Mit dem halb kaputten Motor machten wir uns nun auf, um in das Gebiet zu fahren, wo es die Chance gab auf die Begegnung mit den Walhaien. Es war immer noch grau am Himmel, doch nun zog eine Wetterfront auf und bald war es fast komplett dunkel. Wenige Minuten später fuhren wir durch Gewitter und heftigste Regenfälle. Unmöglich bei diesem Wetter einen Walhai zu spotten. Noch unmöglicher mit ihm zu tauchen. Das Wetter blieb den ganzen Tag wechselhaft und wie wir später herausfanden, war dies auch überall so angekündigt gewesen.
Später sprachen Sophie und ich über den Tag. Es ist wieder eine Erinnerung absolut treu und radikal der eigenen inneren Autorität zu folgen. Wir hatten beide ein NEIN zu der Tour, nachdem ich die Begegnung mit dem Guide bei der Buchung hatte. Jederzeit hätten wir absagen und meine Zusage revidieren können. Es war unsere Wahl und natürlich sind wir dankbar für den Tag, die Begegnungen, die wir hatten und das Learning, was dabei rausgekommen ist.
Und ich konnte noch etwas tief verstehen:
Den Guide, den ich zunächst als kühl und distanziert erlebt hatte, war in Wahrheit weder kühl noch distanziert. Sein Wesen ist voller Unsicherheit und ganz tief auf der Suche und als schützende Hülle trägt er seine Kälte. Ich konnte ihn sehen, als er vor der Gruppe sprach und später sah ich es den ganzen Tag. Sophie und ich lächelten ihn an und später, als wir uns verabschiedeten, strahlte er uns sogar an und war ganz weich und warm und offen.
Und das nehme ich mit. Nicht nur in mein Leben, sondern auch in alledem, was ich hier auf Social Media beobachten kann. Die Menschen, die in unser Feld kommen mit ihren Wertungen, Projektionen und ihren langen erklärenden Kommentaren und Verbesserungen und eigentlich ist da einfach Unsicherheit und Suche. Sie tragen eine Hülle, um sich nicht zu zeigen und tun sich mit ihren harten Worten selbst weh.
Das Leben hat mir einmal wieder viele Einladungen gegeben mein eigenes Herz zu öffnen, zu lächeln und ins Mitgefühl zu gehen.
Und dafür bin ich tief dankbar.
Gute Nacht.
Wanja